RP, 21.05.2024, Kamp-Lintfort | Erster „Artist in Residence“ war der studierte Geisteswissenschaftler und vielseitige Künstler Jan Tengeler. Zum Abschluss gab es Musik, Vernissage und Abendmeditation. Foto: Olaf Reifegerste
Die geheime Welt des Kunstklosters
Künstler-Residenz in Kamp-Lintfort
Kamp-Lintfort · Im Schatten des Moers Festivals hat sich am Schirrhof ein zartes Musik-Pflänzchen entwickelt: Die erste Künstlerresidenz mit Jan Tengeler dauerte eine Woche und bot ein spannendes Musikprogramm.
Von Olaf Reifegerste
Eine Woche lang dauerte die erste Künstlerresidenz im Schirrhof des Zechenparks Friedrich Heinrich. Initiiert wurde das Projekt von Rüdiger Eichholz vom Verein Kulturprojekte Niederrhein in Zusammenarbeit mit der Stadt Kamp-Lintfort. Damit wolle man den Schirrhof als „Dritten Ort für Begegnung und Kultur“ weiter festigen und ihm „ein nachhaltiges kulturelles Profil geben“, heißt es seitens der Stadt.
Erster „Artist in Residence“ war der studierte Geisteswissenschaftler und vielseitige Künstler Jan Tengeler. Er und Eichholz hatten sich 2021 auf dem Moers Festival kennengerlernt und vor Zeiten angefangen, das neue Kamp-Lintforter Kulturprojekt inhaltlich zu schmieden. Tengeler seinerseits scharte weitere zwei Künstler um sich und zusammen gründeten sie das Projekt „Kunstkloster“. Auf der Internetseite (https://kunstkloster.eu) heißt es dazu: „Franziskus Klarname, der Gründer, ist mit Schriften und Organisation beschäftigt. Pascale befasst sich mit Heiliger Geometrie, er ist der Maler von ‚The New Yantra‘. Jim Baker, Tonsetzer, verantwortet spirituelle Gesänge und Musik, er vertritt das Kloster nach außen.“
Info
Die Geschichte des Schirrhofs
Der Ort Der Schirrhof wurde 2021 zu seinem 100. Geburtstag restauriert und neu eröffnet, gefördert vom Land NRW. Neben dem Versammlungsort „Pferdestall“ befinden sich darin auch das SCI-Kita-Kinderhaus und Räume für Künstler. Die Stadt arbeitet mit dem Verein „Kulturprojekte Niederrhein“, um den Schirrhof als „Dritten Ort“ zu etablieren.
„Es gibt eine geheime Welt“, sagt Jim Baker alias Jan Tengeler, „und die findet man im Kunstkloster.“ Doch auch die Historie des ehemaligen Zechengeländes spiele eine große Rolle für den Geist und die Atmosphäre hier. Man spüre förmlich den Bergbau noch, schwärmt der Residenzkünstler. Das Programm des Kunstklosters war ein künstlerisches Gesamtkonzept mit einer Ausstellung in „Heiliger Geometrie“, verschiedenen Konzerten, Yoga und Mantra-Singen sowie Musik- und Kunst-Workshops mit Schülerinnen und Schülern der Europaschule (die RP berichtete).
Der letzte Tag der Residenz am Donnerstag war als Abschlussveranstaltung konzipiert und beinhaltete eine Vernissage mit Musik, vorgetragen von der diesmal vierköpfigen Klosterband, bestehend aus Jan Tengeler (Kontrabass, Didgeridoo und Gesang), John-Dennis Renken (Trompete und Electronics), Daniel Schröteler (Schlagzeug) und Rolf Springer (Gitarren). Ihre Musikfolge umfasste zehn Titel, plus einer Zugabe als Abendmeditation. Alle Musiktitel bestanden aus meditativen Klängen und Ausflügen in den Jazz, die Improvisationsmusik und die Kunst der Fluxus-Bewegung à la Helge Schneider.
Beim Vortrag „Den Segen sägen“ strich Tengeler wie ein Berserker mit seinem Bogen die Saiten seines Kontrabasses. Ein anderer Song hieß schlicht und ergreifend „Wenn sich die Franken in Xanten zanken“. Statt eines „Kohle-Tangos“ gab es als Skiffle erst ein Kinderlied aus „Das Dschungelbuch“ (King Louie: “Ich wär‘ so gern wie du“) und dann als Cha-Cha-Cha den Song „Der Schattentanz“. Lyrischer dagegen wurde es bei „Weltlauf“, nach dem gleichnamigen Gedicht von Heinrich Heine, als auch bei der Vertonung von „Der Mensch steht aufrecht zwischen Himmel und Erden. Wenn er mit beidem im Gleichklang steht, ist er heil. Der Himmel jubelt, die Erde frohlockt.“ Eine weitere religiös und sinnlich gefärbte Musik trug den Titel „Ein Gott oder kein Gott“.
Am Schluss war noch einmal die Nonsense-Abteilung Helge Schneiders dran mit dem Lied „Schrebergarten Schrabbelmodus“. Dem überschaubar erschienenen Publikum gefiel der zweistündige Abend sehr. Es bedankte sich mit Applaus.